Wirtschaftlicher Fortschritt und Börsenentwicklung
Uns geht es wirtschaftlich fast so gut wie nie zuvor!
Als mein Vater, Wilhelm Knöpfler jr., 1952 auf einem Bauernhof in Hofstatt (Gemeinde Eriskirch) geboren wurde, konnte er sich nicht ansatzweise vorstellen, wie sich die Welt in den nächsten 70 Jahren seines Lebens verändern und vor allem wie enorm sich sein Lebensstandard verbessern sollte.
Wenn mir mein Vater nicht von früher erzählen würde, könnte ich mir die damaligen Lebensumstände gar nicht mehr vorstellen. Selbst in den 1950er-Jahren war das Leben auf einem Bauernhof anstrengend und wenig komfortabel.
Zusammen mit seinen Eltern, Großeltern und fünf Geschwistern wohnte er unter einem Dach. Gekocht wurde auf einem mit Holz angefeuerten Herd. Es gab keine Zentralheizung. Im Winter bildete sich Eis auf den Fensterscheiben. Es gab kein warmes fließendes Wasser. Gebadet wurde nur einmal in der Woche – meistens samstags. Dann wurde auf einem Ofen Wasser erhitzt und in eine Wanne in der Waschküche, die sich in einem nebenstehenden Gebäude befand, geschüttet. In diesem Wasser badeten dann alle. In der Waschküche wurde natürlich auch die Wäsche gewaschen, und zwar per Hand. Die Toilette war ein Plumpsklo, das an das Wohnhaus angebaut war. Als Kühlschrank dienten der Keller und eine Erdmiete. Es gab keinen Fernseher und kein Auto.
Auch die Bewirtschaftung des Hofes war kräftezehrend. Die meisten Tätigkeiten mussten noch per Hand verrichtet werden. Die Kühe wurden von Hand gemolken. Die Äcker wurden mit Hilfe eines Pferdes gepflügt und der Hopfen wurde noch aufwendig von Hand von den Ranken gepflückt. Alle halfen bei den verschiedenen Arbeiten mit, sonst wären sie gar nicht zu bewältigen gewesen.
Im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft kamen immer mehr Maschinen zum Einsatz. 1957 wurde der erste Traktor gekauft – ein Porsche. Er wurde damals noch in Friedrichshafen produziert und ersetzte das Pferd. Die Äcker konnten nun schneller gepflügt und das Saatgut schneller aus- gesät werden. 1962 wurde eine Hopfenbrockmaschine gekauft. Nun waren nur noch drei Personen für die Hopfenernte notwendig. Auch die Kühe wurden ab den 1960er-Jahren nicht mehr per Hand, sondern mit einer Melkmaschine gemolken. Zudem kamen Pestizide und Herbizide zum Einsatz, die die Ernteverluste verringerten.
Als Folge dieser Entwicklung wurden weniger Personen für die Bewirtschaftung des Hofes benötigt. Mein Vater und seine Brüder suchten sich Arbeit in den umliegenden Industriebetrieben und seine Schwestern im Dienstleistungsbereich. Die Arbeit in einem Industriebetrieb war zudem besser bezahlt als die Arbeit auf dem Hof. Heute kümmert sich lediglich noch ein Bruder meines Vaters nebenerwerbsmäßig um den Hof.
Die effizientere industrielle Landwirtschaft hatte auch zur Folge, dass die Preise für landwirtschaftliche Produkte fielen und somit auch die Einnahmen der Kleinbauern. Zudem wurde Kapital für den Kauf der neuen Maschinen benötigt. Bauernhöfe, die zu klein waren und nicht genügend Erträge zum Kauf dieser Maschinen erwirtschafteten, mussten aufgeben. Allein in der Gemeinde Eriskirch sank die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe von 98 im Jahr 1949 auf 30 im Jahr 2016.