
Goldene Zeiten für Value-Investoren in Sicht?
Juli 25, 202413. Kapitalmarktausblick
von Benjamin Knöpfler, 2. Januar 2025
Nicht mit dem Feuer spielen!
Liebe Börsenfreunde,
die letzten beiden Jahre habe ich vor fallenden Aktienkursen gewarnt. Durch das erhöhte Zinsniveau habe ich eine deutliche Wirtschaftsabschwächung erwartet. Die Wirtschaft schwächte sich tatsächlich ab. Seit dem 1. Quartal 2023 schrumpft bzw. stagniert die deutsche Volkswirtschaft. Die Bundesregierung rechnet für das Jahr 2024 mit einem Rückgang des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts von 0,2%. Zahlreiche Firmen – vor allem Automobilzulieferer – mussten Insolvenz anmelden, darunter Ricardo, Leoni und VARTA aus Deutschland oder ATM und Kika Leiner aus Österreich. Die deutschen Automobilhersteller gaben Gewinnwarnungen heraus. Gleichzeitig beträgt die Inflationsrate derzeit 2,2%. Wenn eine wirtschaftliche Stagnation und eine eher hohe Inflation aufeinander treffen, spricht man von einer Stagflation. Insofern hatte ich mit meiner Prognose recht. Was aber doch überrascht hat, war die Entwicklung der Aktienkurse, die von einem Hoch zum nächsten kletterten. Der deutsche Aktienindex DAX stieg erstmals seit seiner Einführung im Jahr 1988 über 20.000 Punkte und erreichte am 12.12.2024 mit 20.426 Punkten ein neues Allzeithoch. Wie passt das zusammen?

Ein wesentlicher Grund für diese Kurssteigerungen war die hohe Liquidität, die seit der Zeit der Negativzinsen und quantitativen Lockerungen durch die Europäische Zentralbank in der Wirtschaft und bei den Anlegern vorhanden ist.
Das Geldvermögen der privaten Haushalte und Unternehmen (ohne Banken) in Deutschland ist auf 14,2 Billionen Euro gestiegen, also 14.200 Milliarden Euro. Das hohe Geldvermögen der Deutschen ist auch dem Bundeskanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, aufgefallen. So forderte er jüngst, einen Teil davon für die öffentliche Infrastruktur zu mobilisieren. Mobilisiert haben die Anleger zunächst ihr Geld für Investitionen in die Kapitalmärkte. Dadurch ist Gold im vergangenen Jahr um 34,0% gestiegen und Aktien um 18,8%.

Um diesen Liquiditätseffekt bei meinen zukünftigen Prognosen zu berücksichtigen, habe ich ein Aktienmarkt-Prognosemodell entwickelt, das neben der Aktienmarktbewertung auch die Geldmengenentwicklung berücksichtigt. Aktuell ist am deutschen Aktienmarkt für die kommenden fünf Jahre mit einer jährlichen Rendite von 3,1% zu rechnen. Das ist weit unter der historischen Aktienmarktrendite von rund 8%!

Auch andere Indikatoren deuten auf eine relativ schlechte Aktienkursentwicklung in der Zukunft hin. Der Buffett-Indikator, bei dem die Marktkapitalisierung ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gesetzt wird, ist Anfang November 2024 auf einen Rekordwert von 207% gestiegen. Dieser Indikator zur Bestimmung der Aktienmarktbewertung wurde vom legendären US-Investor Warren Buffett entwickelt und von ihm zur Zeit der Technologieblase im Jahr 2001 vorgestellt. Damals war der Wert schon einmal sehr hoch. Buffett meinte damals in seiner typisch bildhaften Sprache: „Ab einem Wert von 200% spielt man mit dem Feuer.“

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass man immer im Aktienmarkt investiert sein sollte, auch wenn stichhaltige Gründe dagegen sprechen. Denn der Markt kann länger irrational bleiben, als man denkt. Am Ende eines Bullenmarktes können die Aktienkurse nochmals richtig stark steigen. Diese Wertentwicklung will man nicht verpassen. Wie macht man das in der Praxis, um dennoch die Risiken im Blick zu behalten? Je nach Risikotoleranz sollte eine strategische Aktienquote festgelegt werden. Die anderen Mittel werden in Anleihen oder Termingelder investiert. Fallen die Aktienkurse, und somit die Aktienquote, sollten Aktien antizyklisch nachgekauft werden. Steigen die Aktienkurse, und somit die Aktienquote, sollten Aktien antizyklisch verkauft werden. Aktuell ist eher die Zeit, um Aktien zu verkaufen. Es ist jedenfalls nicht die Zeit sorglos zu sein, vielmehr sollte der Fokus auf mögliche Aktienkursverluste gerichtet werden. Risiken sollten mehr beachtet, als Chancen gesehen werden.
Die Rendite 5-jähriger Anleihen liegt aktuell bei 2,2%. Bei einem Mischportfolio aus 50% Aktien und 50% Anleihen können Sie somit mit einer jährlichen Rendite von 2,65% in den kommenden fünf Jahren rechnen (50% x 3,1% + 50% x 2,2%). Bei einer Inflationsrate von 2,2% ist das nicht besonders viel. Es lohnt sich also, auf fallende Aktienkurse zu warten. Fallen die Aktienkurse, erhöht sich auch die Renditeerwartung für den Aktienmarkt. Wenn Sie nach einem Rückgang der Aktienkurse über liquide Mittel verfügen, können Sie antizyklisch Aktien kaufen und dadurch die Renditeerwartung Ihres Portfolios erhöhen.
Ein weiterer Stabilitätsanker in einem Mischportfolio kann neben Anleihen auch Gold sein. Wie Anleihen und Gold auf Aktienkursverluste reagieren, erfahren Sie in meinem Buch „Das Aktienbuch: Aktien verstehen – Vermögen aufbauen“. Dieses können Sie über meine Internetseite www.aktienjahrbuch.de erwerben.
Um aus der Stagflation wieder herauszukommen, brauchen wir wieder mehr wirtschaftliche und gesellschaftliche Freiheit. Die Verbote, Auflagen, Quotenregeln, Strafzölle, die Ausgrenzung ganzer Wirtschaftsbereiche, die nicht als „grün“ gelten (EU-Taxonomie-Verordnung), der Bürokratiewahnsinn sowie hohe Steuern und Abgaben lähmen die Wirtschaft und schränken die Souveränität der Konsumenten und letztlich der Bürger ein. Unternehmen und Konsumenten müssen wieder eigenständig, ganz nach ihren Bedürfnissen und ohne staatliche Vorgaben, zueinander finden. Als Konsument möchte ich selber entscheiden können, was ich kaufe und von wem ich etwas kaufe; welches Auto ich fahre, wie ich reise, was ich esse, was für ein Haus ich baue, wie ich heize, von wem ich Gas kaufe, usw. Unternehmen wiederum sollten selber entscheiden können, was sie produzieren, an wen sie ihre Waren verkaufen, wen sie einstellen, wie sich deren Aufsichtsrat zusammensetzt, usw. Der Staat sollte sich weitestgehend aus dem wirtschaftlichen Geschehen heraushalten und sich auf seine Kernkompetenzen „innere Sicherheit“, Landesverteidigung (keine Beteiligung an Angriffskriegen und keine finanzielle Unterstützung von Kriegen anderer Länder), das Justizwesen und die Gewährleistung einer sozialen Grundsicherung konzentrieren. Nur in einer freien Marktwirtschaft werden die Ressourcen optimal genutzt, um die Konsumenten mit den besten Produkten und Dienstleistungen zum besten Preis zu versorgen; die Wirtschaft kann wachsen, die Inflation sinken, Friede entstehen und die Souveränität der Bürger steigen.
Herzliche Grüße und gewinnbringende Investitionen im Börsenjahr 2025 wünscht Ihnen
Ihr Benjamin Knöpfler