Kapitalmarktausblick 2023

11. Kapitalmarktausblick von Benjamin Knöpfler, 21.1.2023

 

 

Zinswende!

 

Liebe Börsenfreunde,

dieses Jahr fällt mein Kapitalmarktausblick deutlich kürzer aus als in den Vorjahren, weil ich momentan an einer weiteren Ausgabe für das Aktienjahrbuch arbeite. Dort werde ich stärker auf die Unternehmensbewertung eingehen als in den bisherigen Publikationen und auch meine Einschätzung zu den einzelnen Aktien festhalten. Dadurch wird die Aktienauswahl für Sie noch einfacher. Diese zusätzliche Publikation wird im Laufe dieses Jahres erscheinen. Es lohnt sich also, immer mal wieder auf meine Internetseite www.aktienjahrbuch.de zu schauen.

 

Kommen wir zu den Kapitalmärkten.

Die wichtigste Botschaft gleich zuerst: Wir befinden uns am Ende eines langen Aktienzyklus. Seit dem Ende der Finanzkrise Anfang 2009, in der der deutsche Aktienindex DAX 55% an Wert verloren hat, befinden wir uns in einem langfristigen Bullenmarkt. Klar, dazwischen gab es mehrere Krisen mit den damit verbunden Kurskorrekturen: die europäische Staatsschuldenkrise, die Wirtschaftsabschwächung in China, den Handelsstreit zwischen den USA und China, die Corona-Pandemie und zuletzt den Ukraine-Krieg mit der damit einhergehenden Energiekrise und Inflation. Das waren aber alles externe Schocks. Die EZB hat während dieser Zeit die Zinsen niedrig gehalten und die Märkte mit Geld geflutet. Dieses Mal wird es anders sein: die Korrektur am Aktienmarkt wird durch die immer weiter steigenden Zinsen ausgelöst werden. Wann diese Korrektur einsetzt, ist die Gretchenfrage.

 

Grafik Kapitalmarktausblick 2023 von Benjamin Knoepfler

 

Obwohl der Leitzinssatz im 2. Halbjahr des vergangenen Jahres bereits viermal angehoben wurde – auf aktuell 2,50% –, befindet er sich im historischen Vergleich immer noch auf einem niedrigen Niveau. Seit Einführung des Euros bis zur Finanzkrise Mitte 2008 betrug der Leitzinssatz im Durchschnitt 3,10% – bei einer Inflation von durchschnittlich 1,6%. Derzeit befindet sich die Inflationsrate aber bei 8,6%. Der Druck auf die Europäische Zentralbank, den Leitzinssatz weiter anzuheben, ist also groß.

Aktuell tun die gestiegenen Zinsen der wirtschaftlichen Entwicklung aber keinen Abbruch. Eine Verkäuferin in meinem Lieblings-Lebensmittelgeschäft – Sutterlüty – meinte neulich zu mir, dass von einer Krise keine Rede sein könne; die Leute würden einkaufen wie bisher auch. Und auch beim Autohändler habe ich diese Woche mitbekommen, dass aktuell keine Termine für eine Reparatur frei sind. Dass die Wirtschaft nach wie vor brummt, sieht man auch an der Erwerbslosenquote. Diese lag im November mit 2,8% auf einem Rekordtief.

Dennoch werden sich die steigenden Zinsen irgendwann auf das Verhalten der Konsumenten und das Investitionsverhalten der Anleger auswirken. Am Immobilienmarkt spürt man bereits jetzt die nachlassende Nachfrage. Von einem Immobilienmakler habe ich mitbekommen, dass Immobilien sich nicht mehr so leicht verkaufen lassen wie früher.

Laut dem Finanzierungsvermittler Interhyp, der Immobilienkredite von gut 500 Banken und Bausparkassen vermittelt, sind die Immobilienpreise in Deutschland wegen der nachlassenden Nachfrage bereits im zweiten Quartal letzten Jahres um 1% und im dritten Quartal um 4% im Vergleich zum Vorjahresquartal gesunken. Wer denkt, dass die Immobilienpreise nur steigen können, wird gerade eines Besseren belehrt.

Dass momentan Premiumpreise für den Bau und Verkauf von Immobilien gezahlt werden, habe ich letztes Jahr selber erfahren, als ich mir ein Angebot für die Installation von zwei neuen Wasserhähnen für mein Badezimmer machen ließ. Raten Sie mal, wie hoch das Angebot lag: Der Installateur wollte dafür 600 Euro haben. Nur für die Installation von zwei neuen Wasserhähnen! Bei Käufen setze ich mir immer eine persönliche Schmerzgrenze: Wie viel ist mir ein Produkt oder eine Dienstleistung wert? Für die beiden Wasserhähne waren das für mich maximal 300 Euro. Ich hätte also das Doppelte meiner Schmerzgrenze zahlen müssen. Dazu war ich natürlich nicht bereit! Als Konsequenz habe ich mir ein Youtube-Video angeschaut, in dem erklärt wurde, wie man Wasserhähne austauscht. Gekostet haben sie mich dann inklusive Spezialwerkzeug rund 100 Euro. Wenn alleine zwei Wasserhähne 600 Euro kosten, wie viel wird dann eine ganze Wohnung oder ein Haus kosten? Zuviel jedenfalls!

Was schlecht für Kreditnehmer ist, ist gut für Anleihe-Investoren. Anleihen werden wegen der steigenden Zinsen immer interessanter. Es gibt wieder Geld auf dem Tagesgeldkonto. Deutsche Staatsanleihen mit einer Laufzeit von einem Jahr bringen wieder eine Rendite von über 2%. Vor einem Jahr mussten Sie dafür noch Geld zahlen (!). Unternehmensanleihen bringen nochmals mehr Rendite. Weil die Zinsen aber noch am Steigen sind, würde ich nur in kurzlaufende Anleihen investieren.

Gold fristet immer noch ein Dasein als Mauerblümchen. Die hohe Inflation, die seit über einem Jahr besteht, spiegelt sich aber noch nicht im Goldpreis wider. Gold war in der Vergangenheit ein guter Inflationsschutz. Deshalb hat es meiner Meinung nach noch (viel) Potenzial.

Aufgrund der steigenden Zinsen wird ein klassisches Mischportfolio aus Aktien und Anleihen wieder interessant. Aktien bekommen zwar immer mehr Gegenwind, es gibt aber noch etliche günstig bewertete Substanzaktien. Welche das sind, erfahren Sie im Aktienjahrbuch, das Sie auf meiner Internetseite www.aktienjahrbuch.de bestellen können.

Für 2023 wünsche ich Ihnen ein erfolgreiches Anlagejahr!

Ihr

Benjamin Knöpfler